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Rezension - Reeducation und Machtpolitik

Reeducation und Machtpolitik
Christoph Marx  

ibidem  
Stuttgart 2001
ISBN: 3-89821-085-5
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Berliner Historie nach dem Zweiten Weltkrieg war bis 1990 vor allem lokale Spiegelung der globalen Auseinandersetzung zwischen Ost und West im Kalten Krieg und in diesem Sinne auch ein geballtes Stück Weltgeschichte. Berlin war zugleich Mittelpunkt, Symbol und Seismograph des Kalten Kriegs. Hier war er mitunter am heißesten - hier brach er auch am frühesten aus, wie zuletzt die gemeinsame Darstellung der ehemaligen alliierten Geheimdienstsleiter über die "unsichtbare Front" anschaulich belegte. (George Baily, Sergej A.Kondraschov, David E. Murphy, Die unsichtbare Front. Der Krieg der Geheimdienste im geteilten Berlin, Berlin 2000.) Die ideen-bzw.diskursgeschichtlich angelegte Studie von Christoph Marx widmet sich nun einem bislang unterbelichteten, noch nicht systematisch bearbeiteten Aspekt des beginnenden Kalten Kriegs in Berlin: der Entstehung und Entwicklung seines Pressewesens in den ersten beiden Nachkriegsjahren. In Berlin wuchs der Zeitungsmarkt erstaunlich schnell. 1946 erscheinen dort bereits 16 Zeitungen mit einer Gesamtauflage von fast zwei Millionen Exemplaren. Diese bemerkenswerte quantitative Vielfalt der Presseerzeugnisse erklärt der Autor nun wenig überraschend aus der besonderen Vier-Mächte-Konstellation mit ihren divergierenden Demokratievorstellungen. Den publizistischen "Kampf um die Macht in den Köpfen" (9) leitete die Sowjetische Militäradministration bereits im Mai 1945 durch die schnelle Herausgabe von insgesamt sechs unterschiedlichen akzentuierten Zeitungen ein. Auf diese reagierten die amerikanische und englischen Besatzer ihrerseits mit pressepolitischen Gegenmaßnahmen. Die Frage nach der jeweiligen strategischen Zielsetzung und konkreten Vorgehensweise bei dem gegenseitigen "ideologische[n] Aufrüsten" (53) steht im Mittelpunkt der konzentrierten Analyse. Hierfür geht der Autor weit zurück . Er kontrastiert im ersten Teil die pressepolitischen Konzepte der sowjetischen und der amerikanischen Planungsstäbe während des Krieges, schildert im zweiten Teil deren Umsetzung im zerstörten Nachkriegsberlin. Dabei konzentriert sich der Autor vornehmlich auf die noch heute existierenden Zeitungen, die sowjetisch lizenzierte Berliner Zeitung und den amerikanisch lizenzierten Tagesspiegel, schildert deren Entstehung, deren Führungspersönlichkeiten und deren besondere Charakteristika im Vergleich. Besonders überzeugend ist der dritte Teil, in dem die erste Auseinandersetzung zwischen den Berliner Zeitungen um die Frage der Vereinigung der beiden Arbeiterpartien SPD und KPD anschaulich und quellennah nachgezeichnet wird. Die Bereitschaft des Tagesspiegel, sich für zwei Wochen den sozialdemokratischen Fusionsgegner zur Verfügung zu stellen, trug wesentlich zum Überleben einer eigenständigen Westberliner SPD bei. Gerade an diesem tagespolitischen Fallbeispiel wird hellsichtig herausgearbeitet, wie Strategie und Taktik der politischen Berichterstattung sich an der jeweiligen Gegenseite orientierte und dadurch beeinflusst wurde. Der Wert der Arbeit liegt weniger in der durchaus konventionellen Interpretation der damaligen Ereignisse, sondern in seiner makropolitischen Perspektive. Sie öffnet den Blick auf die komplexen, ja weltpolitischen Dimensionen der damaligen Presseentwicklung und trägt zu deren tieferen Verständnis bei. Außerdem besticht die Studie durch sachlich-kritische Auswertung der vorhandenen Quellen und einschlägigen Literatur, die zum gezielten Weiterforschen einlädt. Die ausführliche Bibliographie spiegelt den aktuellen Forschungsstand wider. Ein Personenregister und eine Zeitleiste ermöglichen dem Benutzer außerdem den schnellen Zugang. Insgesamt liegt hier eine reflektierte, empirisch fundierte Analyse vor, die einen bisher vernachlässigten Gesichtspunkt der Berliner Nachkriegsgeschichte betont und dabei auch noch verständlich geschrieben ist. Jan Prüser


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